Gedanken zur Digitalisierung – selbst gedacht und getippt

Die Digitalisierung, die Computer nehmen uns die Arbeit weg.

Nein, nicht die Computer, sondern die Manager, die Computer einsetzen, um Arbeitskräfte einzusparen, tun das. Und wenn dadurch die Arbeit effektiver und in gleicher Qualität erledigt wird, ist das an sich nicht schlecht. Sinnvoll wäre es, mit den eingesparten Kosten Arbeitskräfte für andere Aufgaben zu bezahlen, die Computer nicht übernehmen können. Unternehmen, die das in der eigenen Firma tun, sind aber in der Minderheit. Diese Extraprofite müssen also mit Hilfe von Steuern umverteilt werden, um ein sozial-ökonomisches Gleichgewicht zu halten. Hier kollidieren die Interessen der privatwirtschaftlichen Produktion mit denen der volkswirtschaftlichen und sozialen Entwicklung eines Gemeinwesens.

Der gesamte Sozialbereich von Kinderbetreuung und Bildung über Hilfs- u. Pflegebedürftige, Jugendarbeit, Kulturpflege, Bildung bis Altenpflege bedarf dringend einer Personalaufstockung um mindestens 30% und einer wesentlich besseren Entlohnung. Es bedarf dieses materiellen Einsatzes nicht nur um eine quantitative Steigerung zu erreichen sondern auch um eine Qualitätsverbesserung durchzusetzen.

Dieser qualitative Fortschritt gerade im Bereich der Bildung ist auch dringend notwendig, um die Herausforderungen der Digitalisierung überhaupt meistern zu können.

Was ist das eigentlich – Digitalisierung?

Die Digitalisierung ist keine der bisher üblichen Produktionsumstellungen, nicht nur ein Prozess technischer Veränderung oder produktionsorganisatorischer Maßnahmen. Die Steuerung aller bisherigen Prozesse in der Wirtschaft fand unter der Hoheit des Menschen statt. Einem zutiefst analogen Wesen. Menschliche Entscheidungen und Reaktionen sind von sehr vielen Faktoren geprägt und beeinflusst und deshalb sind menschliche Entscheidungen selten logisch, schnell und effektiv. Im besten Fall berücksichtigen menschliche Entscheidungen aber eine schier unendliche Zahl an Erfahrungen, wissenschaftlichen Kenntnissen, Gefühlen und Abwägungen und gerade diese Fähigkeit verschiedenste Dinge abwägend in Entscheidungen einfließen zu lassen, ist eine bisher unerreichte Fähigkeit des menschlichen Wesens. All diese Prozesse, Abläufe, Grundsätze gilt es in eindeutige Regeln zu fassen, die es einer Maschine, dem Computer, ermöglichen zu erkennen, abzuwägen und blitzschnell zu entscheiden.

Was erfordert eine erfolgreiche Digitalisierung von uns Menschen?

Sie erfordert, dass wir die zu digitalisierenden Vorgänge analysieren und strukturieren können. Besonders wichtig ist die Analyse in wie weit Vorgänge miteinander verknüpft sind, sich gegenseitig auslösen oder bedingen. Hier besteht eine große Gefahr nämlich Prozesse nur eindimensional zu betrachten und damit völlig unbeabsichtigte Nebenwirkungen zu produzieren. Solche oberflächliche Maßnahmen zur Digitalisierung täuschen einen Nutzeffekt oft nur vor, sind selten nachhaltig effektiv und spülen nur Geld in die Taschen von Scharlatanen und Verkäufern.

Ein gutes Beispiel ist der Sektor der beruflichen Weiterbildung. Die Schulung wird mit Anwendungen des E-Learnings betrieben. Diese Methoden haben nur zwei Vorteile: 1. Teilnehmer und Lehrkraft sparen sich die Anfahrt zum Schulungsort und zweitens die Teilnahme ist meist nicht termin- und zeitgebunden. Nachteile hingegen sind: Der Inhalt und die Methode des Trainings kann kaum an die Voraussetzungen und Bedürfnisse der Teilnehmer angepasst werden. Es kommt in der Regel kein Dialog zwischen Lehrendem und Lernenden zustande. Es gibt nur sehr begrenzte Möglichkeiten der Nach- und Rückfrage der Teilnehmer. Der Lehrende hat kaum die Möglichkeit ein direktes Feedback zu empfangen, ob ihm die Teilnehmer folgen können und wollen. Die Anpassung der Lehrinhalte an die konkreten Bedingungen der Anwendungsumgebung setzt aber einen solchen Dialog voraus oder befördert ihn zumindest enorm. Neben der Vermittlung von theoretischen Kenntnissen und Hinweisen zur praktischen Anwendung vermittelt ein guter Trainer aber auch die Motivation zur Anwendung neuer Methoden. Ein nicht zu unterschätzender Faktor solange überhaupt noch Menschen in einen Prozess involviert sind.

Erst die Kombination der analogen Fähigkeiten eines guten Dozenten oder Trainers mit den digitalen Lehrmitteln, Kommunikationswegen und Trainingsumgebungen sind Voraussetzungen für einen optimalen Erfolg einer Schulung. Der Weg des Selbststudiums ist zwar manchmal der einzige aber selten der effektivste Weg zur Erkenntnis.

Weitere Beispiele für gegenwärtige Prozesse der Digitalisierung:

In Bereich der persönlichen Kommunikation haben elektronische Werkzeuge weitgehend die Mittel der analogen Kommunikation verdrängt. Die Post stellt kaum noch private Briefe oder Telegramme zu, sondern verteilt Werbung und amtliche Schreiben. Die private Kommunikation erfolgt überwiegend mit Hilfe von Mobiltelefonen, Instantmessengern und E-Mail. Da dieser Bereich mittlerweile vollständig privatisiert ist, geht es auch hier vor allem um höhere Gewinne. Das Volumen der Kommunikation ist gewaltig gestiegen und im gleichen Maß ist die Qualität der Kommunikationsinhalte gesunken. Oft werden nur kurze Nachrichtenfragmente übermittelt, sehr selten Umstände, Einschätzungen und Reflektionen zu Ereignissen. Ein gewaltiger Umfang der Kommunikation ist mittlerweile völlig sinnentleert. Die Geschwindigkeit dieser Kommunikation in Echtzeit verführt häufig zu emotionsgetriebenen, unbedachten Äußerungen, die ein völlig unnötiges Konfliktpotential freisetzen. Wie zum Beispiel Mobbing in sozialen Netzwerken und twitternde Politiker.

Die technischen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation wurden dazu genutzt einen gewaltigen Markt zu schaffen, an dem fast jeder dem Kindesalter entwachsene Bewohner der 1. und 2. Welt teilnimmt, der unbestritten auch Vorteile mit sich bringt, aber auch eine Vergeudung von Ressourcen, Rohstoffen, Energie und geistigem Potential verursacht hat.

Ganz ähnlich verhält es sich mit den Informationsmedien. Durch das WWW stehen eine Unzahl von Informationskanälen, -portalen und Nachrichtendiensten rund um die Uhr für fast jeden bereit, aber der Nutzer wird immer weniger befähigt, mit diesem Informationszunami sinnvoll umzugehen. Der verantwortungsbewusste Journalismus kämpft um seine Existenz. Lohnschreiber durchforsten die Nachrichtenportalte und „stricken“ daraus dem Profil des Mediums entsprechende tendenziell ausgerichtete Artikel. Ganz abgesehen davon, dass im Internet jeder Prophet, jeder Schuft und jeder Betrüger seine „Botschaft“ öffentlich machen kann.

Es ist also hier durchaus die Frage zu entscheiden, ob das alles ein Gewinn an Freiheit der Entscheidung ist, oder gesteuerter Versuch der Massenmanipulation durch Informationsüberflutung von wirklich wichtigen Problemen abzulenken.

Büroarbeit ist heute weitgehend digitalisiert, da so gut wie alle Vorgänge digital gespeichert sind und auch digital bearbeitet werden. Zentrale Datenspeicherung erlaubt einen umfassenden Zugriff auf Datenbestände und deren effektive Verwendung für diverse Abläufe. Fehlerhafte Bedienung der verwendeten Technik und technische Defekte können zu erheblichen Störungen im betrieblichen Ablauf führen, deren Auswirkungen durch komplexe Vernetzung noch potenzieren können.

Strategien zur Fehlervermeidung, zur Datensicherung und Konzepte mit Havarie-Strategien gewinnen eine immense Bedeutung, befinden sich aber vielfach noch in der Entwicklung.

Zielgerichtete Eingriffe in die technische Infrastruktur sind sicher eine der größten Bedrohungen der näheren Zukunft.

Beispiele wie die Zugkollisionen bei der Bahn in letzter Zeit demonstrieren wie wenig digitalisierte Sicherheitssysteme, die von einem großen Konzern mit nahezu unbegrenzten Möglichkeiten installiert wurden, Unfälle ausschließen.

Ein weiteres Beispiel möchte ich zitieren:

„Datenauswertungsprogramme wie IBM Watson Analytics könnten ein zentraler Bestandteil des Personalmanagements werden. Auf Basis von Statistiken würden dann Entscheidungen über Beförderung, Kündigung oder Teamplanung fallen.“ …“Wie überall, wo Digitalisierung das Arbeitsleben verändert, rufen die neuen Instrumente Hoffnungen und Bedenken hervor. Befürworter sehen in den emotionslosen Rechnungen die Chance, Willkür und Diskriminierung vorzubeugen. Wenn etwa ein Computer Bewerbungen auswerte, so die Hoffnung, spielten Hautfarbe, ein ausländisch klingender Name oder das Geschlecht keine Rolle mehr.“ …“Software wird von Menschen programmiert. Menschen mit Vorurteilen erklären also der Maschine, wie sie Entscheidungen treffen soll. Zudem lernt der Algorithmus aus den Daten, mit denen er gefüttert wird. Aber er stellt sie nicht infrage. Spiegeln diese Daten eine ungerechte gesellschaftliche Realität wieder, schlägt sich das im Ergebnis nieder. Soll zum Beispiel eine Software ermitteln, welche Mitarbeiter mutmaßlich das Unternehmen verlassen, kann es gut sein, dass junge Frauen ganz oben auf der Liste stehen.“ (J. Schulz; neues deutschland vom 5./6.5.18)

Öfter höre ich hier die Forderung nach hoher Agilität des Unternehmens und der Mitarbeiter. Ich würde diesen Begriff mal mit Wandlungsbereitschaft und Wandlungsfähigkeit beschreiben. Gelegentlich habe ich den Eindruck manche Softwarehersteller gaukeln uns diese Agilität vor indem sie in regelmäßigen Abständen die Bedienelemente ihrer Software durcheinanderwirbeln und mit neuen Namen belegen. Früher nannte man das „alter Wein in neuen Schläuchen“. Natürlich braucht ein so fundamentaler Umwandlungsprozess wie die Digitalisierung, die Bereitschaft von Planern, Finanziers, Analytikern, Technikern und Anwendern. Aber jeder von diesen Beteiligten muss seinen Anteil beisteuern.

Von den Teilnehmern dieses Prozesses maximale Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeit und Arbeitsort zu fordern, ständiges Lernen in seinem und angrenzenden Fachgebieten kann nur funktionieren, wenn dafür auch die Grundlage für ein gesichertes soziales Umfeld garantiert wird. Das heißt planbare Arbeitszeit und Freizeit, Basis für die materielle Absicherung einer Familie, Möglichkeiten für kulturelle Bereicherung und zur Gesunderhaltung.

Es sind wohl erhebliche Zweifel angebracht, dass das herrschende kapitalistische System neoliberaler Prägung diese Aufgabe bewältigen kann, steht doch das Ziel der Profitmaximierung hier eher im Hintergrund und partiell sogar den Zielen der Digitalisierung entgegen. So wird der Begriff der Digitalisierung gegenwärtig eher als sagenumwobene Legende benutzt, um brutale Eingriffe in sozioökonomische Gefüge zu begründen und um soziale Errungenschaften gerade in der Arbeitswelt zu liquidieren. Künstliche Intelligenz kann nur infolge menschlicher Intelligenz entstehen. Bisher tut sich die analoge menschliche Intelligenz eher schwer damit die Voraussetzungen für künstliche Intelligenz niederzuschreiben. Es geht gar nicht so sehr um die technische Realisierung intelligenter Maschinen, es geht um die Basis für die Algorithmen, nachdenen diese funktionieren sollen.

Da die gegenwärtigen vielfältigen Maßnahmen der Automatisierung unter Nutzung digitaler Technologien fast ausschließlich der Profitmaximierung dienen sollen, vertiefen sie eher die Volkswirtschaftlichen Widersprüche und stehen damit einer Digitalisierung in Bezug auf die Nutzung künstliche Intelligenz entgegen.