Den folgenden Text habe ich im Oktober 2002 geschrieben:
Ich hab den Eindruck – irgendwie versteh ich die Welt, die deutsche nicht mehr. Täglich ballern mir die Massenmedien Statements von wirklichen oder angeblichen Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft um die Ohren, die nur einen Schluss zulassen – die, die uns regieren machen alles oder fast alles falsch. Nun geh ich mal davon aus, dass die uns Regierenden nicht nur wegen ihrer monatlichen Bezüge und der formidablen Altersversorgung ihre Posten innehaben. Sie werden sich beraten, die anstehenden Probleme analysieren und Lösungsmöglichkeiten abwägen. Ihnen steht für eine bestimmte Zeit ein begrenzter Machtspielraum zur Verfügung, den sie sicher nutzen werden, um für einen weiteren Zeitraum begrenzte Macht, incl. Bezüge und Vorsorgeleistungen, zu erhalten. Ich gehe ja gar nicht von höherer Motivation aus.
Das wird immer nur auf dem Weg der Abwägung von Interessen möglich sein, also den Weg des Kompromisses hinauslaufen. Diese verbale Rauferei, die da unter Missbrauch der Medien ausgetragen wird und diesen durchaus willkommen ist, bewirkt letztlich nur, dass jeder Medienkonsument zu dem Schluss kommt: Jeder sieht halt, wie Er am besten durchkommt.
Fazit: Was schert mich fremdes Leid. Zusammengefasst in dem neuen unsäglichen Werbeslogan „Geiz ist geil“.
Na wenn das keinen Mut macht für die Zukunft des Gemeinwesens, denn das soll ja wohl ein Staat sein. Kaum entfährt einem Mitglied der Regierung oder der Regierungsparteien ein mehr oder weniger feuchter Laut, interpretieren ihn die Mitglieder der Opposition oder die (deren?) s.g. Experten als Schritt in die falsche Richtung und mahlen die Zeichen des Untergangs an den Medienhorizont. Ich rede hier nicht von schriftlich vorliegenden Vorschlägen oder gar Gesetzesentwürfen und Regierungsbeschlüssen sondern nur von medialen Luftblasen, deren Ausdeutung in Presse, Funk und TV uns armen Lesern und Schauern mittlerweile fast täglich das Gruseln ob unserer aller Zukunft ins Gehirn oder wenigstens in den Bauch jagt. Fast ließe sich vermuten, das eine revolutionäre Situation heraufbeschworen werden soll. (Ich erinnere: die unten wollen nicht mehr und die oben können nicht mehr – copyrigth Lenin)
Aber welche Alternative stände denn bereit? Der Superwirtschaftsguru der CDU hat im Wahlkampf gesagt, dass er alles genauso machen würde, wie die Regierung (nur viel lustiger). Von den anderen Kandidaten will ich gar nicht erst reden. Angst macht mir nur die betriebene Entsolidarisierung der Gesellschaft, die ich keinesfalls mit einem Lob der Gleichmacherei verwechselt wissen will. Ich bin für eine Leistungsgesellschaft, aber eine die Wirtschaftsführer, Politiker, Journalisten, Arbeitnehmer, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger gleich behandelt.
Hier angefügt vielleicht mal einige Gedanken zu den Themen Gleichheit und Gerechtigkeit.
Unter Gleichheit will ich keinesfalls Gleichmacherei verstanden wissen. Gleicher Lohn für gleiche Leistung ist in Ordnung aber das Alle gleich sein sollen, halte ich für Unsinn.
Gerechtigkeit bezieht sich auf die Durchsetzung von Recht. Recht kann allerdings die Interessen Einiger zum Nachteil Anderer höher stellen. Priorität sollen die Interessen der Mehrheit haben, ohne die Interessen der Minderheit außer acht zu lassen.
Das Individuum und seine Individualität ist schützenswert, darf aber den Interessen der Mehrheit nicht entgegenstehen.
War die DDR ein Unrechtsstaat? Ist der Sozialismus eine Unrechtsordnung ?
Ich denke nein! Erstens gab es in der DDR ein Recht und ein Rechtssystem. Dieses Rechtssystem war zu einem großen Teil der Tradition des europäischen Rechts angepasst.
Es wich in zwei Punkten wesentlich von der Tradition ab.
Das waren die Fragen des Eigentums und die Frage der Individualität.
Eine Verächtlichmachung von Werten ist heute an der Tagesordnung.
(Hans Teuchert, Oktober 2002)